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100 Sekunden Leben - Der Erpressungsversuch

Unser Kolumnist Thomas Hollmann wird von der organisierten Internet-Kriminalität erpresst. Ein wenig zumindest.

Die Email kam Freitagabend, von "i.ickarov". Die phonetische Ähnlichkeit zu "Kalaschnikow" ist mir erst später aufgefallen. Denn Herr oder Frau Ickarov hat mir erst einmal einen "Guten Tag" gewünscht. Um mir anschließend allerdings mitzuteilen, mein Redaktions-Computer sei gehackt. "Ich sehe Ihren Bildschirm und kann benutzen das Mikrofon und die Kamera ohne Sie das überhaupt bemerken", schreibt i.ickarov.

Da kann ich mir offen gestanden Spannenderes vorstellen, als mich dabei zu beobachten, wie ich vor dem Schreibtisch hocke und doof gucke. Aber vielleicht denkt i.ickarov, wenn die beim rbb einen Skandal haben, dann hält der Hollmann bestimmt auch was hinterm Busch. Jedenfalls wird mir im Folgenden dargelegt, man sei im Besitz von Aufnahmen, die zeigten, wie ich einen Porno gucke und dabei masturbiere. "Ihr Gesicht ist perfekt sichtbar und ich kann schicken dieses Video an alle Welt."

Diese Drohung hat mich dann doch etwas irritiert, kann sich das Gesicht während der Arbeit doch auch ohne sexuelle Betätigung ins Grimassenhafte verziehen. Beispielsweise, wenn diese eine Kollegin wieder nervt. Und mit entsprechenden Bildbearbeitungsprogrammen lässt sich da sicherlich die gewünschte diskreditierende Wirkung erzielen. "Wenn Sie das vermeiden möchten, überweisen Sie 1.400 US-Dollar auf mein Bitcoin-Vallet", schlägt i.ickarov vor.

Unsere IT-Leute sagen, solche Junk-Mails seien bei größeren Unternehmen gang und gäbe. Ich solle die Mail einfach vergessen. Das will ich versuchen. Wobei das doch kaum zu glauben ist, dass ich nur zufällig in den Fokus der internationalen Internet-Kriminalität geraten bin und man mir möglicherweise gar nicht zutraut, dass ich im Großraumbüro Pornos gucken könnte.