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100 Sekunden Leben - Erfindungen für die Oberlippe und die Umwelt

Die Welt braucht dringend technische Innovationen - und solange noch niemand Filteranlagen gegen jeglichen Kohlenstoff in der Luft erfindet, muss sich Thomas Hollmann an anderen Artikeln der innovativen Warenwerlt erfreuen.

Manufactum behauptet ja: "Es gibt sie noch, die guten Dinge". Und verkauft Eimer aus Eisen. Nun habe ich nichts gegen robuste Materialien. Aber ich glaube, ein romantisierender Retro-Konsum hilft der Welt nicht weiter. Die Welt braucht Erfindungen, um beispielsweise diesen fiesen Kohlenstoff aus der Luft zu fischen.

Deshalb war ich fast schon begeistert, als mir dieser Werbekatalog aus der Zeitung entgegenfiel, in dem auf jeder zweiten Seite "Weltneuheit" stand. Okay, Kohlenstoff-Filteranlagen wurden dort nicht beworben. Dafür aber ein Kugelschreiber, der Licht macht und mit dem man Schrauben anziehen, eine Pulle Bier aufmachen und zur Not auch zustechen kann.

Und dieser innovative Oberlippenbartentferner hat nicht nur einen, mit 18 Karat vergoldeten, kreisend vibrierenden Scherkopf, sondern sieht aus wie ein Lippenstift. Damit kann die Dame dann schnell mal auf der Toilette verschwinden und ihre Oberlippe diskret nachscheren.

Und vorbei die Zeiten, als Radfahrer einen Rückspiegel umständlich am Lenker montieren mussten. Heutzutage trägt Mann und trägt Frau den Rückspiegel leger am Handgelenk. Während die Einlegesohlen, auf denen man angeblich wie im Wald läuft, aus demselben Material gefertigt sind, das den Mailänder Dom vor Erschütterung durch die U-Bahn schützt. Welch ein konsumistischer Erfindungsreichtum! Der muss jetzt nur noch von den Füßen und der Oberlippe umgelenkt werden auf die Umwelt.

Was natürlich eine Weile dauern kann. Aber die Zeit lässt sich überbrücken – mit der neuen Nasenhaar-Pinzette, die schneidet, statt zu zupfen. Einziges Manko: Die Pinzette sieht aus wie eine Pinzette – und nicht wie ein Lippenstift.